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Dieses Thema hat 2 Antworten
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 Politik & Wahrheit
Pileus Offline



Beiträge: 103

28.04.2006 01:46
SPD-Musterrede zum 1. Mai - Kleine Posse! ;-) Antworten

Hallo zusammen,

seit Jahren erhalte ich fehlgehende Mails mit bisweilen auch recht sensiblen Inhalten, die eigentlich an Mitarbeiter bzw. Bedienstete der Stadt Wetter (Ruhr) gerichtet sind und nur deshalb im Astrowetter-Postfach landen, weil die Absender in schöner Regelmäßigkeit vergessen, zwischen dem Wortteil "stadt" und dem Wortteil "wetter" ein klitzekleines "-" (Minuszeichen) einzufügen. Statt die Botschaften korrekt an "(name)@stadt-wetter.de" zu senden, geben die Absender solcher Mails die Adresse "(name)@stadtwetter.de" ein - und landen daher im Postfach unseres Web-Wetterdienstes "http://www.stadtwetter.de".

Auf diesem Weg wird unser kleiner Wetterdienst immer wieder ungewollt zum Schlüsselloch in Wetteraner Amtsstuben. So gehen uns Beurteilungen von Teilnehmern städtischer Integrationsmaßnahmen, Agendas zu Sitzungen kommunaler Ausschüsse, Anfragen zu den Öffnungszeiten der evangelischen Kirche - oder halt auch schon mal - wie gestern - Musterreden des SPD-Parteivorstands anläßlich der bevorstehenden Feierlichkeiten zum 1. Mai zu.

Nun wird man ja bekanntlich nicht jeden Tag in den Rang eines Bürgermeisters befördert und so habe ich mir heut' mal die Zeit genommen, mich für die freundliche Übermittlung jener grandiosen Musterrede ganz herzlich zu bedanken. Aufgrund deren Länge von geschätzt 20 Redeminuten nehme ich freilich lieber Abstand davon, die betreffende Rede an dieser Stelle wiederzugeben, - wers gerne hören mag, besuche am 1. Mai eine der einschlägigen Veranstaltungen.

Mein ausführliches mit ein paar freundlichen Anmerkungen garniertes Dankes-Schreiben an den Herrn Bürgermeister der Stadt Wetter sei dagegen im Folgenden dokumentiert. ;-)

Grüße Jürgen


++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

Hallo Frau Küper, verehrter Herr Seitz,

vielen Dank für die Übermittlung der Muster-Rede zum 1. Mai, die mich über die Mailpostfach-Gruppe "...@stadtwetter.de" erreicht hat (wir betreiben die Wetter-Webseite "http://www.stadtwetter.de" und sind daher auch Inhaber der zugehörigen Mailaccounts).

Gleichwohl ich weder den Titel "Bürgermeister" innehabe, noch mein Vorname "Dieter" ist, erlaube ich mir - da Sie mir das Papier schonmal zugesandt haben, in aller Bescheidenheit die Anmerkung, dass mich die Inhalte Ihrer Feiertagsrede zum 1. Mai nicht überzeugen:

Als zu Willi Brandts Zeiten einst glühender Verfechter sozialdemokratischer Positionen, verschlugen mich die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um die Nutzung von Atomenergie in den 80-iger Jahren des letzten Jahrhunderts in die Reihen der Anti-AKW- und Friedensbewegung (ich musste mehr als zehn Jahre lang um meine drittinstanzlich letztlich doch noch erfolgreich erfochtene Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer kämpfen), worauf ich den aus dieser Bewegung hervorgegangenen GRÜNEN beitrat, einer Partei, für die ich mich in den 90-iger Jahren sogar aktiv engagierte (sowohl als Kreisgeschäftsführer, als auch durch ehrenamtliche Beisitzerschaften im Prüfungsausschuss und der Prüfungskammer für Kriegsdienstverweigerer), die durch Austritt hinter mir zu lassen ich mich allerdings im Frühjahr dieses Jahres genötigt sah, weil auch diese "meine" Partei die eigenen Wurzeln vergessen hatte und sich der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur BND-Affaire widersetzte - offenbar um sich die sicher kostspielige Anschaffung von Glanzpolitur für den Heiligenschein des Herrn Oberguru Joschka Fischer
ersparen zu können.

Aber dieser unerfreuliche Vorgang war ohnedies nur das letzte Tröpfchen gewesen, welches mein Fass zum Überlaufen brachte, denn auch schon die unsägliche Rolle "meiner" Partei beim Plutonium-Geschäft mit China sowie deren Haltung zu den unter dem Namen "Hartz IV" zu trauriger Berühmtheit gelangten, rot-grünen "Reformen", hatten einstiges Vertrauen schon lang' auf eine arge Belastungsprobe gestellt ...

Lange Rede kurzer Sinn:

Als inzwischen wieder parteiloser Mensch habe ich mich mitnichten etwa dem verständlicherweise rasch wachsenden Heer der Politikverdrossenen, sondern der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG) zugewandt, wo ich in Ihrem ehemaligen Parteivorsitzenden, Oscar Lafontaine, einen der wenigen, "in diesem unserem Lande" verbliebenen Politiker ausgemacht zu haben glaube, dessen Positionen und Einsatz für soziale Gerechtigkeit zu unterstützen sich immer noch lohnt!

Damit schlägt mein von den Irrungen und Wirrungen der vergangenen 30 Jahre geschundenes Wählerherz nunmehr für Einen, der kein schlimmer Populist ist, wie uns sowohl Ihre, als auch meine Ex-Partei immer wieder gerne glauben machen wollen (um von den Scheindemokraten der so genannten "Mitte" oder den Möchtegernheiligen mit dem großen "C" im Namen erst gar nicht zu reden), sondern für Einen, der über all' die Jahre seinen ureigensten Wurzeln treu geblieben ist und dessen politische Glaubwürdigkeit in meinen Augen derjenigen großer Sozialdemokraten wie Willi Brandt oder Herbert Wehner in nichts nachsteht!

Sie werden verstehen, dass mich Ihre flammende Rede zum 1. Mai, in der Sie nicht nur um Verständnis für die mit großem Abstand grandioseste, soziale Demontageaktion im Nachkriegsdeutschland (Hartz IV), sondern auch für die vorgebliche Notwendigkeit einer Großen Koalition werben, nicht eben vom Hocker reißt. Und ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, - aber warum fällt mir zu derlei Treiben wohl nur die alte Weisheit ein: "Teile und herrsche"?

Wie auch immer, bei mir ist Ihre Rede nun wahrlich beim denkbar falschesten Empfänger gelandet, denn zum "Ankommen" gehört nunmal auch heute noch mehr, als nur mal eben der irrtümliche Versand von Post an eine verheißungsvolle Mailadresse im glorreichen World Wide Web, - einer übrigens wahrhaft segensreichen Einrichtung nicht zuletzt für ganze Heerscharen begnadeter Winkeladvokaten, die nicht nur der Freiheit von Geist, Wissenschaft und Kunst im Allgemeinen, sondern im ganz Speziellen auch dem gemeinen Volk mittels so genannter "Massenabmahnungen" den Gebrauch des ureigensten Sprach- oder Ausdrucksguts untersagen lassen oder den Betreibern von so gefährlichen Einrichtungen wie etwa Internet-Foren durch drakonische Strafandrohungen den schlimmen Sumpf des freien Geistes, - den Sündenpfuhl der freien Meinungsäußerung, - trockenlegen lassen. - Und all' DAS geschieht zur Krönung des staatlich sanktionierten Paradoxons gar noch im Namen desselben, eben dieses unseres Volkes!

Genug der vergeblichen Wortesmüh', ich bin mir sicher, Sie haben verstanden wovon ich spreche und ich mag Sie auch gar nicht weiter langweilen mit all jenen vielfältigen Sorgen und Nöten, die aus meiner Sicht auf uns Bürgern so lasten. - Aber wann ergibt sich halt schonmal die Gelegenheit, eben diesen Kummer einem zumal waschechten "Bürgermeister" anzutragen? ;-)

*

Aber, da fällt mir nun grad wieder ein, was ich Ihnen eigentlich schreiben wollte: Ihr fehlgegangenes Mail war mitnichten das Einzige dieser Art!

Seit Jahr und Tag erreichen mich immer wieder in schöner Regelmäßigkeit fehllaufende Mails an Organe bzw. Mitarbeiter Ihrer "Stadt Wetter", von Tagesordnungspapieren zu Veranstaltungen Ihrer Verwaltungsorgane über den Meinungsaustausch zu Bauvorhaben oder sensible Handlungsempfehlungen bezüglich der Internetnutzung für Ihre städtischen Bediensteten oder gar persönliche Beurteilungen der Hartz-IV-geplagten Teilnehmerschaft von Umschulungs- oder Integrationsmaßnahmen Ihres Verwaltungsbezirks hinweg bis hin zu noch viiiel persönlicheren Nachrichten einzelner Mitarbeiter mit dafür aber immerhin wieder um Klassen menschlicheren Sorgen und Nöten!

Kurz: Man macht mich seit Jahr und Tag - ohne mein eigenes Zutun und gegen meinen Willen - zum wehrlosen VOYEUR eines Teils nicht nur Ihrer amtlichen Web-Korrespondenz und dies, obwohl ich schon X-fach durch freundliche Rückläufe auf meine verbürgte Nichtidentität mit den jeweils begehrten Adressaten hingewiesen habe, - nein, all' diese Bemühungen verliefen stets im Sande und immer wieder aufs Neue erreichten und erreichen mich derartige Fehlläufer an die Stadt Wetter aus den Tiefen des Web!

Klar, ich kann (was ich - versprochen! - in aller Regel auch tue) derlei Sendungen ganz einfach ungelesen sogleich wieder löschen. Und natürlich kann ich solche Mails auch mit kurzen, erläuternden Anmerkungen an die jeweiligen Absender zurücksenden, eine Übung, die ich je nach persönlicher Laune und Zeit ebenfalls bereits vielfach praktizierte. - Ungut wäre die Sperrung solcher Eingänge via "Blacklist" im persönlichen SPAM-Filter, weil dann auch die an unseren unschuldigen Wetterdienst gerichteten Anfragen auf Nimmerwiedersehen ebenfalls im Datenorkus verschwänden.

Kurz: Ich bin ratlos!

Vielleicht aber ist heut' ja mein Glückstag, denn wie schon gesagt: Wann hat man schonmal einen "Bürgermeister" am anderen Ende der Leitung? - Und so könnt' ja echt in Erfüllung gehn', was ich kaum noch zu hoffen wagte: Da ist vielleicht ja nun endlich mal wer, der diesen ganzen Spuk wirklich beenden könnte.

Vielleicht haben Sie ja Lust und Muße, werter Herr Seitz, und geben all' Ihren Mitarbeitern, Bediensteten und Partnern in Verwaltung und angedocktem Parteienwesen ein-für-allemal bekannt, dass unter der Internet-Mail-Addy: ".....@stadtwetter.de" nicht das Gartenbau- oder Jugendamt, nicht das Amt für Planungwesen, nicht der Wahlausschuss oder die Meldestelle für zeitungsaustragende Frühpensionäre und - halt auch nicht das Sekretariat des Bürgermeisters, sondern schlicht und ergreifend ganz einfach nur unser kleiner, bescheidener Wetterdienst zu erreichen ist. ;-)

Dafür versprech' ich auch bei Petrus ein gutes Wort bei der Wolkenplanung Ihrer 1.-Mai-Feier einzulegen.

*

Ich wünsche Ihnen jedenfalls einen guten und erfolgreichen Start in Ihren so beredt durchfabulierten 1. Mai. - Schön, aber das wissen Sie selbst, - SCHÖN ist in diesem Zusammenhang sicher was Andres!

mit den besten Grüßen

Jürgen Vollmer

> --- Ursprüngliche Nachricht ---
> Von: Küper, Beate
> An: "Seitz Dieter \(E-Mail\)" ,
>
> Betreff: Musterrede 1. Mai
> Datum: Thu, 27 Apr 2006 15:10:57 +0200
>
> Hallo Dieter,
> endlich habe ich das gewünschte (eine Musterrede zum 1. Mai) im Internet
> des Parteivorstandes gefunden.
> Ich füge sie dir als Datei anliegend bei.
>
> <>
> Beate Küper
>
> SPD-Unterbezirk ENNEPE-RUHR
> Annenstr. 8, 58453 Witten
> Fon : 02302 / 14071
> Fax : 02302 / 189 503
>
> E-Mail: Beate.Kueper.nrw@spd.de
>
>
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Jürgen Vollmer
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Sommerkind Offline




Beiträge: 51

28.04.2006 02:00
#2 RE: SPD-Musterrede zum 1. Mai - Kleine Posse! ;-) Antworten

Einfach köstlich!

Amüsierte Grüsse (immer noch) aus Bern
Fabienne
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3 Wochen Winter sind genug
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baskyl Offline




Beiträge: 43

29.04.2006 13:07
#3 Großartig :-) Antworten

Grandios!
Habe heftig und nachhaltig geschmunzelt.

Lieber Gruß
Wolfgang

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